In jeder Lage einsatzbereit

Das Fach „angewandtes Klavierspiel“ macht Pianisten fit für den Berufsalltag

Mit Beginn des Sommersemesters 2020 tritt Christian Nagel seine neu geschaffene Professur für Klavier und angewandtes Klavierspiel an. Sein Ziel: Pianisten in die Lage versetzen, den vielfältigen Anforderungen an freiberufliche Pianisten gerecht zu werden – auch außerhalb des Solokonzerts. Sein Konzept für angewandtes Klavierspiel umfasst zehn Disziplinen, deren Beherrschung den großen Pianisten des 19. Jahrhunderts selbstverständlich war. Klavierstudenten können bei ihm auch ohne Vorerfahrungen in diesen Disziplinen daran arbeiten, ihre beruflichen Chancen zu verbessern.

 

Wer heute als freiberuflicher Pianist seine Karriere beginnt, wird schnell vor Herausforderungen gestellt, die jenseits des Solo-Recitals im Konzertsaal liegen. Viele Auftraggeber erwarten von Pianisten Fähigkeiten, die sie im üblichen Klavierstudium nicht erlernen. Im Filmmusikkonzert soll auf Synthesizer und Celesta gespielt werden, der Chor braucht spontan eine Begleitung für A-cappella-Werke, beim Bühnenprojekt soll eine Überleitung improvisiert werden, für ein Cross-Over-Konzert gibt es keine Noten, sondern nur eine YouTube-Playlist. Solche und ähnliche Erfahrungen hat Prof. Christian Nagel als Pianist zuhauf gemacht. Glück hat, wer in solchen Situationen improvisieren, arrangieren oder Partitur spielen kann. Ein Pianist, der flexibel auf solche musikalischen Herausforderungen reagieren kann, hat als freischaffender Künstler erhebliche Vorteile. Darauf möchte Christian Nagel seine Studierenden vorbereiten.

Die zehn Disziplinen Literaturspiel, Arrangement, Ensemblespiel, Blattspiel, Improvisation, Leadsheet, Transkription, Partiturspiel, Komposition und Generalbass sind für Christian Nagel Bestandteile einer umfassenden Pianistenausbildung. „Eigentlich versuche ich, meinen Studenten das zu vermitteln, was ich selbst gerne schon im Klavierstudium gelernt hätte. Wer perfekt Chopinetüden spielt, aber nicht improvisieren oder vom Blatt spielen kann, ist nicht ausgewogen ausgebildet. Aber das kann jeder Pianist leicht ändern“, so Nagel. Die Disziplinen werden alle bereits als Bestandteil verschiedener Studiengänge an der Musikhochschule gelehrt. Bei Christian Nagel können sich Studierende diese Fähigkeiten jedoch im Zusammenspiel und aus der Sicht des Pianisten aneignen. Die Vernetzung und Kombination der Disziplinen ermöglichen besonders effiziente Methoden und differenzielles Lernen.

Christian Nagel nimmt seine Studierenden beispielsweise beim freien Improvisieren auf. Anschließend werden die Aufnahmen angehört und die Studierenden beschreiben, was sie hören. So entwickeln sie ein Bewusstsein für ihr eigenes Musizieren. Nach Christian Nagels Erfahrung machen Studierende auf diese Weise schnell sehr gute Fortschritte. Sie entwickeln auch ohne explizite Kritik einen Sinn für Qualität. Insbesondere beim Komponieren schärft die aktive Beschäftigung mit dem Material den Blick auf musikalische Werke. Das wirkt sich wiederum positiv auf das Literaturspiel aus.

Wer angewandtes Klavierspiel lernen möchte, muss keine besonderen Voraussetzungen erfüllen. Das Fach ist allen Musikstilen gegenüber offen und kann gleichermaßen von Anfängern im Fach Klavier als auch von künftigen Virtuosen belegt werden. Wer zu Hause gelegentlich für ein paar Minuten vor sich hin klimpert oder den Lieblingshit aus dem Radio nachspielt, hat schon eine gute Grundlage geschaffen.

Im Sommersemester 2020 bietet Christian Nagel zwei Lehrveranstaltungen an, „Angewandtes Klavierspiel“ und „Freie Improvisation am Klavier“. Kurzentschlossene können sich noch bei Ihm melden.