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Konzerte und Opern 2014

SOMMERSEMESTER 2014

Konzertreihe in St. Michael, Alter Friedhof Freiburg-Herdern

Meine Seufzer, meine Tränen

Schmerz und Leiden in der barocken Musiksprache

Nikolaus a Kempis um 1600-1676   
aus: Symphoniae unius, duorum, trium IV et V instrumentorum
adjunctae ... operis secundi liber primus,
Symphonia secunda dolorosa

Johann Theile 1646-1724   
Psalm 69: „Gott hilf mir, denn das Wasser gehet mir
bis an die Seele“
per Canto solo con 2 Violette

J. S. Bach 1685-1750           
Kantate „Meine Seufzer, meine Tränen“ (1726) BWV 13

J. S. Bach 1685-1750           
Kantate „Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit“
(Actus tragicus, ca. 1707) BWV 106


Collegium musicum der Hochschule für Musik Freiburg

Marine Madelin, Sopran (Klasse Prof. Torsten Meyer)
Aliya Iskhakova, Alt (Klasse Prof. Dorothea Wirtz)
Clemens Flämig,Tenor (als Gast)
Mateo Peñaloza Cecconi, Bass (Klasse Prof. Markus Goritzki)
Gustav Friedrichsohn, Oboe da Caccia (als Gast)
Natalia Unruh, Annabelle Cavalli, Sebastian Schmidt, Jana Tissen, Mirjam Schumacher, Karla Dominguez Castillo, Blockflöte (Klasse Prof. Agnes Dorwarth/ Isabel Lehmann)
Shio Oshita, Hsu-Mo Chien, Violine  (Klasse Prof. Gottfried von der Goltz)
Kano Imada, Viola (Klasse Prof. Gottfried von der Goltz);
Marlena Schillinger, Cello (Klasse Prof. Jonathan Pešek);
Ekkehard Weber, Juliane Bruckmann, Viola da Gamba (Klasse Ekkehard Weber)
Heike Schäfer, Kontrabass (Klasse Prof. Bozo Paradzik)
Michael Behringer, Orgelpositiv und Leitung

Programmtext:

Affekt und musikalischer Ausdruck
Die aufregende Erfahrung, dass ein Komponist die Leidenschaften der Sänger, Instrumentalisten sowie der Zuhörer nach „Belieben“ erregen, verwandeln und stillen kann, rückte die Frage der Affektdarstellung in den Mittelpunkt der barocken Musiklehre.
In Anlehnung an die antike Temperamentenlehre  ging man davon aus, dass die Affekte als Leidenschaften der Seele körperliche Ursachen haben. Die Lebensgeister brachten die Seele in Schwung und verstärkten ihre Emotionen. Die Wissenschaft  (Descartes, Les Passions de l’âme, 1649) war überzeugt davon, dass die Emotionen Folge körperlicher Erregungszustände waren: Wenn zum Beispiel ein Mensch aus bestimmten Gründen zornig wird, wirkt die körperliche Bewegung auf die Galle ein (A. Kirchner, Musurgia universalis, 1650), deren hitzige Dämpfe dann im Gemüt, je nach Situation und Voraussetzung, Affekte wie Zorn, Wut oder Raserei auslösen.
Die Wirkung der Musik erklärte man ganz ähnlich: Der Schall bewegt den Körper des Menschen von außen nach innen. Entsprechen diese körperlichen Bewegungen denen, die wir von affektgeladenen Situationen kennen, „erinnern“ wir uns an diese Bewegungen und die Seele reagiert wie in der realen Situation.
So wurden Melodik, Harmonik, Rhythmus, Tempomodifikationen, Klanglagen, Dynamik in den Dienst der Nachahmung von Affekten gestellt und sollten die Gemüthszustände  der Hörer bewegen. In Theiles Gott hilf mir, denn das Wasser gehet mir bis an die Seele können wir anschaulich die körperlichen Erregungszustände wahrnehmen und spüren hörend das Seufzen über die bedrückende Last der Klagenden (Seele).
Schon früh wurde die in der Musik dargestellte Gemütsbewegung mit der Intervalllehre verbunden. Die Intervalle ohne Halbton wie Sekunde, große Terz, große Sexte zeigen den Affekt der Freude, die Intervalle mit Halbton wie Chromatik, kleine Terz, kleine Sexte den der Traurigkeit. Die Wirkung eines Dur-Dreiklanges wird als allegro/freudig, die des Moll-Dreiklanges dagegen als mesto/traurig beschrieben. Dass solche Affekte auch ohne Text vermittelt werden können, lässt sich in Kempis Symphonia dolorosa unmittelbar nachempfinden.
Zu Beginn des Generalbasszeitalters forderte Caccini in seinem Nuove musiche (Florenz 1601) vom Sänger das cantare con affetto. In  Monteverdis Opern, die faszinierende  Zeugnisse dieses Stilwandels sind,  lassen wir uns noch heutzutage  von dramatischen, verliebten und todtraurigen Erregungszuständen in Recitativen und ariosen Passagen  verführen (stile concitato). In diese Kategorie gehört Steffanis Kantate Lagrime dolorose mit ihrer Wehklage über den Tod des Geliebten.
A. Werckmeister (†1706) verbindet die Affekte auch mit theologischen Wertbegriffen. In Bachs Kantaten erkennen wir  Werkmeisters musikalische Regeln wieder: der Affekt der Freude wird durch Dur-Tonarten dargestellt, durch schnelles Tempo, höhere Lagen, vorwiegend konsonante und große Intervalle, durch welche die Lebensgeister (spiritus animales) geweckt werden und in Bewegung geraten. Der Himmel, das Göttliche und das Licht werden mit aufwärts gehenden Passagen verdeutlicht.. Die Traurigkeit dagegen lässt sich durch Molltonarten, häufige Verwendung von Dissonanzen, von Querständen und engen Intervallen (Ganz- und Halbtöne), durch welche sich  die Lebensgeister zusammenziehen, sowie durch langsamere Tempi und tiefere Lagen erklären. Der Mensch in seiner Sünde, die Hölle, der Ausdruck des Weinens  lässt die melodische Linie nach unten fallen Die musikalische Rhetorik kennt feste Figuren zur Darstellung von Affekten, z.B. den vom Grundton zur Unterquart chromatisch abfallenden Lamento-Bass (passus duriusculus), Ausdruck des Schmerzes schlechthin, oder die Verwendung von tonleiterfremden Halbtönen, oft verbunden mit einem großen Intervallsprung, den Schmerz herausschreiend (exclamatio), und nicht zuletzt die immer wieder eingefügten Seufzer mit Vorhalten und Auflösungen. 
Diesen Stilwandel, der die Rührung, die Bewegung des Zuhörers als höchstes Ziel definiert und damit die Belehrung des Publikums ablöst, kann man auch noch in der Gegenüberstellung von frühen und späteren Kantaten Bachs erkennen.
Die Kantate Gottes Zeit (Actus tragicus), BWV 106, aus Bachs Mühlhäusers Zeit kann man eher dem älteren Typus der „Belehrung“ zuordnen. Der Text besteht aus Bibelversen und Choralstrophen und wird zu einem theologischen Gesamtthema gebündelt: Unser Leben und Sterben liegt in Gottes Hand. Der alte Bund, der besagt, dass du sterben musst, wird durch Christus Opfertod erneuert und schenkt dem Gläubigen das ewige Leben.
In der Kantate Meine Seufzer, meine Tränen, BWV 13, wird die theologische Aussage durch den Wechsel von Rezitativen und affektgeladenen Arien zur seelisch erfahrbaren Botschaft. So beginnt die Kantate gleich in der Tenorarie mit der emotionalen Klage: „Meine Seufzer, meine Tränen, können nicht zu zählen sein;“ und steigert den persönlichen Kummer mit Ausdrücken wie Traurigkeit, Kummernacht, Jammerlieder bis in die Mitte des Sopran-Rezitativs, welches dann aber am Schluss einen Ausweg aus dem Jammertal verspricht: „Doch, Seele, nein, sei nur getrost in dieser Pein:/ Gott kann den Wermutsaft gar leicht in Freudenwein verkehren/und dir alsdenn viel tausend Lust gewähren.“
Die Rezitative bereiten, sozusagen als Affektbegründung die Wechsel der jeweiligen Arien-Stimmungen vor.

Wir hoffen, dass Sie trotz unserer Programmauswahl mit ausschließlich traurigem  Affekt das Freudenlicht in der Trauerbrust spüren, das uns Bach in der letzten (Bass-) Arie dieser Kantate als Trost schenkt.

Agnes Dorwarth

J.G. Walther, Musikalisches Lexikon 1732
C. Wolff/T. Koopmann, Die Welt der Bachkantaten, Bärenreiter 1995
H. Riemann, Musiklexikon, Affekt, Schott 1967

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WINTERSEMESTER 2014/15


Neues Angebot im Institut für Historische Aufführungspraxis.

Historischer Tanz

(Dozent: Bernd Niedecken)

Der Tanz ist ein wesentlicher Bestandteil unseres musikalischen Repertoires.
Wie spielt man ein Menuett, eine Allemande, eine Courante, eine Passacaille oder eine Gigue? Welche Parameter der Tänze wie Tempo, Phrasierung, Artikulation und Betonung, erschließen sich neu, wenn man z.B. eine Chaconne selbst getanzt hat?
Wie überträgt sich das körperlich erfahrene Bewegungsgefühl einer getanzten Schrittkombination auf das Instrumentalspiel?

Bernd Niedecken ist Tänzer mit Schwerpunkt auf Barock- und Renaissancetanz.
Ausbildung in klassischem und modernen Tanz, Barock- und Renaissancetanz; Philosophie- und Romanistikstudium; Engagements am Freiburger Theater und in verschiedenen freien Kompanien
Als international gefragter Interpret und erfahrener Pädagoge Zusammenarbeit mit den wichtigsten Kompanien für historischen Tanz; langjährige Kurstätigkeit
Seit 2009 Dozent für Historischen Tanz am Institut für Alte Musik der Musikhochschule in Weimar.

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Adventskonzert

„Vom Himmel hoch, da komm ich her“

Weihnachtliche Vokal- und Instrumentalmusik des 16. und 17. Jahrhundertsund das Märchen „Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern“ von Christian Andresen

Wittenberg 1539        „Vom Himmel hoch, da komm ich her“

Hans Leo Haßler        4.st. Vokalsatz (1608)
(1564 – 1612)
Michael Praetorius    4-st. Instrumentalsatz (1607)
(1571 – 1621)

Vokalquartett und Blockflötenconsort


Heinrich Schütz        „Meine Seele erhebet den Herren“
(1585 – 1672)        Deutsches Magnificat (1657) für vier Stimmen

Vokalquartett und Orgel (knapp 5 min)

John Dowland          The Earl of Essex Galiard
(1593 – 1626)
Heinrich Isaac         Natalis    
(um 1450 - 1517)
William Byrd         Lullaby my sweet little baby
(um 1573 – 1623)
Anonym  (16. Jh.)    Rui, chiu, la guarda ribera,

Blockflötenconsort und Bariton

Märchen von Hans Christian Andersen:
Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern    Teil I


Giovanni Gabrieli    Canzon Prima
(1554-1613)        Sonata XXI
        Posaunenconsort
   
Märchen von Hans Christian Andersen:
Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern Teil II


Johann Heinrich Schmelzer    „Pastorella“ für 2 Geigen, 2 Bratschen  & B.c.
(um 1623 -1680)                  ca. 4.10 min

Pavel Josef Vejvanovski     „Sonata Campanarum“  für 3 Geigen, 2    
(um 1633 - 1693)              Bratschen & B.c.

Dietrich Buxtehude        „Das newgebohrne Kindelein“ (BuxWV 13)
(um 1637 – 1707)          für vier Stimmen , drei Violinen & B.c.
               
Michael Altenburg        Choralsatz „In dulci jubilo“
(1584 – 1640)

Collegium musicum:

Andrea Nübel, Sopran
Julienne Mbodjé, Alt
Ronan Caillet-Ménégoz, Tenor
Mateo Peñaloza Cecconi

Shio Oshita, Leonore Gäbel, Violine, Charlotte Mercier,
Kanu Imada, Hsumo Chen; Violinen
Thabea Herzog, Charlotte Flotow; Viola
Marlena Schillinger, Cello
Einstudierung: Gottfried von der Goltz

Johanna Weber, Annabelle Cavalli, Natalia Unruh,

Viola Gröminger, Gertrud Langenfeld; Blockflöte

Einstudierung: Agnes Dorwarth

Thomas Mercat, Neven Derrien, Fabian Grabert,
Georg Windbühler, Miguel Esteve Domenech; Posaunen
Einstudierung: Fabrice Millischer
Frederik Kranemann, Orgel

Jasmin Schaff, Sprecherin

Einstudierung: Marion Kaune

Die deutschen MusikhochschulenDeutsch-Französische Hochschule