Orgelkino
Dröhn! Fiep! Quaak!
Studierende improvisieren zu Stummfilmen mit allem, was die Orgel hergibt
Die Orgel findet immer den richtigen Ton. Sie dröhnt, röhrt und säuselt, sie trompetet, wabert und flötet, und bei der richtigen Einstellung fiept und quakt sie sogar. Egal, welche Bilder gerade über die Leinwand flackern – ob herzzerreißend romantische Liebesszene, dramatisches Schurkenduell oder Slapstick-Einlage mit rollendem Bierfass: Die Orgel liefert dazu den passenden Sound.
Beim Orgelkino improvisieren Studierende der Orgelimprovisations-Studiengänge der Hochschule zu Stummfilmen aus den 1910er- bis 1930er-Jahren. Unter den Filmen, die zwischen zwei und 20 Minuten lang sind, finden sich Slapsticks à la Charlie Chaplin ebenso wie längere Komödien oder ernsthafte Streifen wie »Der Glöckner von Notre Dame«. Durch ihr vielfältiges und kunstvolles Spiel führen, begleiten und dramatisieren die Studierenden alte Filme und erwecken sie dadurch zu neuem Leben. Für das Publikum, das je nach Szene entweder staunt oder lacht, sind es einmalige Abende – denn die Improvisationen werden nur ein einziges Mal in dieser Form aufgeführt.
Was spielt man, wenn im Film ein Geist erscheint?
Das Orgelkino gibt es seit 2023 ein Mal pro Jahr an der Hochschule für Musik Freiburg. Organisiert wird es von Prof. David Franke und den Studierenden seiner Improvisations-Klassen. Die Vorbereitung mache großen Spaß, sei aber auch sehr aufwendig, sagt er: Die Studierenden schauen sich die Filme vorher genau an und überlegen, welche Art von Musik passt und welche Sounds sie für bestimmte Szenen einsetzen können. Was spielt man, wenn im Film ein Gorilla vom Baum springt, eine Frau kreischt oder ein Geist erscheint? »In der Anfangszeit des Kinos gab es reine Kino-Orgeln, die Geräusche wie Paukenschlag, Telefonklingeln oder Schiffssirene voreingestellt hatten. Die haben wir bei unserer Orgel im Konzertsaal natürlich nicht«, erklärt David Franke. Spezielle Sounds seien aber trotzdem möglich: Die Studierenden experimentierten mit halb gezogenen Registern oder besonderen Tastenanschlägen, um den Orgelpfeifen verrückte und originelle Töne zu entlocken.
Jeder Filmabend ist ein einmaliges Konzert
Während des Films ist gutes Timing essentiell. Viele Töne oder Geräusche müssen auf die Sekunde genau gespielt werden, damit sie mit der Filmszene übereinstimmen. »Wir haben den Anspruch, jeden Filmabend zu einem eigenen Konzerterlebnis zu machen, und dabei dem Film eine völlig neue künstlerische Ebene hinzuzufügen. Das Orgelkino lockt auch Publikumsschichten an, die sonst vielleicht nicht oder selten in ein klassisches Orgelkonzert kommen würden“, sagt David Franke.