Rückblick 2022/23
Orgelaktivitäten im Studienjahr 2022/23
Zehnjähriges Jubiläum des Instituts für Kirchenmusik an der Hochschule für Musik Freiburg im Oktober 2022
Mit einem musikalischen Festwochenende wurde vom 29.-31. Oktober 2022 das zehnjährige Jubiläum des Instituts für Kirchenmusik an der Hochschule für Musik Freiburg begangen.
Ein Orgelrecital von Prof. Matthias Maierhofer im Rahmen der »Orgelmusik zur Marktzeit« am Samstag 29. Oktober 2022 im Freiburger Münster eröffnete das als »Wochenende der Orgel« überschriebene Festwochenende. Dabei waren im vollbesetzten Münster Johann Sebastian Bachs »Passacaglia c-Moll« BWV 582 sowie der »Hamburger Totentanz« aus den »Trois Préludes Hambourgeois« des Schweizer Komponisten Guy Bovet zu hören - ein Programm, in dem die Münsterorgeln in ihrer Klangpracht und Raumwirkung effektvoll zur Geltung kamen.
Die Orgelmusik zur Marktzeit war zugleich Auftakt zu einem Orgel-Spaziergang durch Freiburg, der an der Schuke-Orgel der Friedenskirche Freiburg und anschließend an Orgeln der Musikhochschule Freiburg (Konzertsaal, verschiedene Orgelräume) fortgesetzt wurde und bei dem Orgel- und Kirchenmusikstudierende der Hochschule Orgelmusik aus vier Jahrhunderten darboten. Es erklangen Werke von Nicolaus Bruhns, Dietrich Buxtehude, Georg Muffat, Johann Sebastian Bach, Felix Mendelssohn Bartholdy, August Gottfried Ritter, Franz Schmidt und Olivier Messiaen, sowie die »Passacaglia« des ukrainischen Komponisten Mykola Kolessa, gespielt von der 2022 aus Kiew nach Freiburg gekommenen Orgelstudentin Mariya Khylko.
Ein weiterer Höhepunkt im Programm war die Aufführung der Komposition »Das gläserne Meer« für zwei Orgeln aus der Feder des Freiburger Komponisten und Musikhochschul-Professors Otfried Büsing. Hörerinnen und Hörer lauschten gebannt auf den Emporen und Treppen des Musikhochschul-Foyers den verzaubernden Klängen, die bei diesem Stück simultan gespielt aus den geöffneten Türen der Orgelräume 365 und 366 drangen, ebenso J.S. Bachs »Italienischem Konzert« BWV 791 in einer Orgeltranskription des Studenten Vincent Knüppe, gespielt an der Stützle-Orgel in Orgelraum 365, oder César Francks »Premier Choral«, bei dem Orgelstudent David Kiefer eindrucksvoll die symphonischen Klangqualitäten der historischen Salonorgel von Cavaillé-Coll/Mutin (ca. 1915-20) in Orgelraum 363 erlebbar machte. Der Klang der kleineren Hochschulorgeln aus den einzelnen Räumen hinein ins Foyer war eine neuartige Klangerfahrung für das Publikum, das dabei die Vielfalt der an der Hochschule für Musik vorhandenen Orgelinstrumente entdeckte und bestaunte.
Als Ausblick auf die in den kommenden Jahren in der Kirche Herz-Jesu (Freiburg-Stühlinger) entstehende große neue Hauptorgel der Hochschule für Musik Freiburg sowie auf die geplanten deutsch-französischen Orgel-Masterstudiengänge zwischen der Hochschule für Musik Freiburg und dem Conservatoire de Strasbourg (s.u.) fand am Abend des 29. Oktober ein Orgelkonzert in der Kirche Herz Jesu Freiburg statt. Prof. David Franke improvisierte dabei live zum Stummfilm »Der Glöckner von Notre-Dame« von Wallace Worsley (1923) in seiner knapp zweistündigen Fassung. Orgelklang und kathedralhafter Kirchenraum von Herz Jesu gingen an diesem Abend eine eigene Symbiose ein und machten das Filmgeschehen auf besondere Weise erlebbar. Auch dieses Konzert erfreute sich großer Besucherresonanz.
Am Sonntag 30. Oktober fand 17 Uhr in der Ludwigskirche Freiburg, in der sich eine der Hauptunterrichtsorgeln der Musikhochschule Freiburg (Mathis-Orgel, III/P/41, 1995) befindet, der Festgottesdienst zum zehnjährigen Jubiläum des Instituts für Kirchenmusik statt. Liturgie und Predigt lagen in den Händen von Pfarrerin Dr. Christine Ritter, Prof. Dr. Reiner Marquard und Prof. Dr. Meinrad Walter. Ein Chorensemble von Studierenden des Instituts für Kirchenmusik wurde vom Studenten Niklas Jahn (Master Kirchenmusik, Master Chorleitung und Master Orgelimprovisation) geleitet, die Orgel im Gottesdienst spielte Prof. David Franke.
Im Zentrum des Gottesdienstes stand Reiner Marquards Predigt zu Hohelied 8, 6b-7 »Liebe ist stark wie der Tod und Leidenschaft unwiderstehlich wie das Totenreich (…)«, bei welcher das verkündete Wort mit Orgelimprovisationen von David Franke dialogisierte.
Auch Meinrad Walters Ansprache über den Lesungstext Markus 13, Verse 29-31 (»Höre, Israel, ...«) beantwortete David Franke an der Orgel mit Improvisationen über Themen von Felix Mendelssohn Bartholdy (»Höre, Israel«/Elias) und Arnold Schönberg (»Ein Überlebender aus Warschau«).
Neben Chorwerken von Andreas Hammerschmidt, Hugos Distler und Maurice Duruflé erklangen im Gottesdienst weitere Orgelimprovisationen sowie Johann Sebastian Bachs Orgel-Bearbeitung über das Lutherlied »Vater unser im Himmelreich« BWV 682 aus dem Dritten Teil der Clavierübung.
Beim anschließenden festlichen Empfang im Gemeindehaus der Ludwigskirche mit zahlreichen Gästen würdigte Rektor Prof. Dr. Ludwig Holtmeier in einer ausführlichen Rede die positive Entwicklung des Instituts für Kirchenmusik während der zurückliegenden zehn Jahre seines Bestehens. Prof. David Franke (Leiter des Instituts für Kichenmusik an der Hochschule für Musik Freiburg) ging in seiner Rede auf die Bedeutung der Hochschul-Ausbildung im Bereich Chor, Orgel und Kirchenmusik und die Bedeutung der Arbeit der solchermaßen ausgebildeten Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker für die Gesellschaft, für die kulturelle Vielfalt und die flächendeckende Musikkultur in Deutschland, sowie ganz konkret für die Heranbildung künftiger Studierendengenerationen an Musikhochschulen in allen Bereichen (Instrumental-, Gesangs-, Dirigier-, Kompositions- und Musiktheoriebereich) ein. Bachelor-Kirchenmusik-Student David Walter umrahmte den Empfang mit gekonnten Jazzimprovisationen am Klavier, und es ergaben sich zahlreiche Begegnungen und Gespräche zwischen gegenwärtigen und ehemaligen Studierenden und Lehrenden sowie weiteren Gästen des Empfangs.
Am Montag 31. Oktober 2023 fand schließlich anlässlich des Reformationstages und als Abschluss des Jubiläumswochenendes im Kammermusiksaal der Hochschule für Musik Freiburg ein Festvortrag von Prof. Dr. h.c. Rudolf Lutz/St. Gallen statt, der unter der Überschrift »Mit unsrer Macht ist nichts getan« Gedanken und Denkanstöße über Bachs Choralkantate über Luthers »Ein feste Burg ist unser Gott« BWV 80 lieferte, veranschaulicht am Piano durch zahlreiche musikalische Beispiele in der so eindrücklichen und lebendigen Art, für die Rudolf Lutz bekannt und berühmt ist. An den Vortrag schloss sich ein Publikumsgespräch sowie ein Hören und Sehen der gesamten Kantatenaufführung unter Rudolf Lutz in einer Aufnahme aus Trogen/Schweiz an. Das Gespräch über die Kantate wurde im kleinen Kreis zwischen Rudolf Lutz und Lehrenden des Instituts für Kirchenmusik Freiburg bei Speisen und Wein bis in den späten Abend fortgesetzt, ganz im interdisziplinären Austausch, wie er Markenkern des Instituts für Kirchenmusik an der Hochschule für Musik Freiburg ist.
Neue Studiengänge
»Konzertexamen Orgelimprovisation« und Master franco-allemand »Interprétation à l’orgue« und »Improvisation à l’orgue«
Im Studienjahr 2022/23 wurden an der Hochschule für Musik Freiburg gleich mehrere neue Orgelstudiengänge konzipiert und ins Werk gesetzt:
Zum einen der Studiengang »Konzertexamen Orgelimprovisation«, als logische Fortführung des bzw. Aufbaustudienmöglichkeit zum im Jahr 2017 in Freiburg eingeführten Masterstudiums Orgelimprovisation, aus dem bereits viele sehr erfolgreiche Absolventen hervorgingen.
Im neuen Studiengang »Konzertexamen Orgelimprovisation« wird die Grundausrichtung des bereits bestehenden Masters Orgelimprovisation - Unterricht in der ganzen Breite der Kunst der Orgelimprovisation, wobei sowohl der Bereich der Stilimprovisation als auch der Bereich der freien, genreübergreifenden Improvisation zu Bildern, Texten, Stummfilm u.a. bzw. im Zusammenwirken mit weiteren Instrumentalisten, Sängern, Ensembles, elektronischer Musik, Sprechern u.v.m. in den Blick genommen werden - fortgeführt und im Anspruch gesteigert.
Zur Eignungsprüfung ist bereits ein Konzertprogramm innerhalb eines breiten Form- und Stilspektrums nach ad hoc von der Kommission vorgegebenen Themen zu improvisieren, ebenso zur Zwischenprüfung nach zwei Semestern (in Umfang und Anspruch gesteigert).
Der Abschluss des Studiengangs »Konzertexamen Orgelimprovisation« findet nach insgesamt vier Semestern Studiendauer in zwei öffentlichen Konzerten statt:
- Ein Improvisationskonzert nach ad hoc von der Kommission vorgegebenen Themen innerhalb eines breiten Stil- und Formenspektrums (Konzertdauer mindestens 60 Minuten). Verschiedene Stilbereiche, darunter zeitgenössische Tonsprache, sowie hohe Anforderungen an Formenvielfalt und polyphone Tonsprache werden gestellt.
- Ein frei zu gestaltendes öffentliches Orgelimprovisations-Recital im Zusammenspiel mit Instrumental- oder Vokalsolisten/innen, Sprecher/innen oder Ensembles bzw. in Interaktion mit Medien wie Film, elektronischer Musik, Projektionen o.ä. Der Prüfungskandidat bzw. die Prüfungskandidatin konzipiert das Recital eigenständig anhand eines selbst gewählten programmatisch-dramaturgischen Mottos bzw. einer selbst gewählten künstlerischen Leitidee.
Ein hoher Anspruch, dem sich hoffentlich viele begabte Improvisatorinnen und Improvisatoren stellen werden.
Genaue Informationen zu den Anforderungen der Eignungsprüfung für den Studiengang »Konzertexamen Orgelimprovisation« finden sich unter:
https://www.mh-freiburg.de/studium/studienplaene-und-ordnungen/immatrikulationssatzung.html#c4963
Weiterführende Informationen sowie Angaben zu den Prüfungsmodalitäten im Studiengang »Konzertexamen Orgelimprovisation« finden sich unter:
https://www.mh-freiburg.de/studium/studienplaene-und-ordnungen/konzertexamen-meisterklasse.html
Zum anderen neu eingeführt wurden die binationale Studiengänge »Deutsch-französischer Master Orgel bzw. Orgelimprovisation«/Master franco-allemand »Interprétation à l’orgue« und »Improvisation à l’orgue«.
Hierbei handelt es sich um die ersten praktisch-künstlerischen Musikstudiengänge zwischen Deutschland und Frankreich. Studierende beginnen dabei ihr Studium an der Hochschule für Musik Freiburg, und setzen es im zweiten Studienjahr am Conservatoire de Strasbourg/Academie supérieure de musique de Strabourg fort. Dabei erwerben sie einen doppelten Masterabschluss in Deutschland und Frankreich. Unterrichtet wird in der jeweiligen Landessprache. Der deutsch-französische Master Orgel-Interpretation bzw. Orgel-Improvisation wird von der Deutsch-Französischen Hochschule/Université franco-allemande gefördert.
Warum deutsch-französische Orgelstudien hier in der Oberrhein-Region?
Im Oberrheingraben treffen seit Jahrhunderten die beiden weltweit wohl einflussreichsten Orgeltraditionen, die französische und deutsche, aufeinander. Das schlägt sich auch in einer einzigartigen Orgellandschaft nieder, geprägt durch so bedeutende Orgelbauernamen wie Silberman, Callinet u.a. bis hin zu Cavaillé-Coll - ein wahrer kultureller »Schmelztiegel«!
Bereits vor mehr als 100 Jahren befürwortete der aus dem Elsass stammende Organist, Musikwissenschaftler und Universalgelehrte Albert Schweitzer, dass junge Organisten etwa aus den USA, die nach Europa zum Studium kommen, sowohl in Deutschland als auch in Frankreich studieren. Allein: Bis heute gab es noch keinen binationalen Orgelstudiengang zwischen Deutschland und Frankreich. Diese Lücke will der deutsch-französische Orgelmaster zwischen Freiburg und Strasbourg in seinen beiden Varianten - Orgel-Interpretation und Orgel-Improvisation - nunmehr schließen und mit Leben füllen.
Aufgrund der Komplexität und Verschiedenheit der Studiensysteme beider Länder sind die deutsch-französischen Orgel-Masterstudiengänge Freiburg-Strasbourg derzeit auf deutscher Seite bereits eingerichtet, in Frankreich steht die Einrichtung noch aus.
Mehr Informationen hierzu finden sich unter:
https://www.mh-freiburg.de/studium/studienangebot/faecher/orgel-interpretation-a-l-orgue.html
und unter:
https://www.mh-freiburg.de/studium/studienangebot/faecher/orgel-improvisation-a-l-orgue.html
Am 16. Februar 2023 fand unter dem Motto »Orgelkino« im Wolfgang-Hoffmann-Saal/Konzertsaal der Hochschule für Musik Freiburg ein Stummfilm-Orgelimprovisationsabend der Master-Orgelimprovisationsklasse von Prof. David Franke statt.
Die Master-Orgelimprovisationsstudenten Julian Beutmiller, Niklas Jahn, David Kiefer und Vincent Knüppe improvisierten zu Stummfilmen aus der Frühzeit des Kinos. Die große Schuke-Orgel im Konzertsaal verwandelte sich dabei in ein Filmorchester - eine Premiere im Rahmen der Studierendenkonzerte an der Hochschule für Musik Freiburg.
Zu erleben waren dabei etwa eine Reise zum Mond, eine verschluckte Klarinette, oder der Raub des Schatzes eines Maharadschas, und wie sich dies improvisierend untermalt auf der Orgel anhört. Das zahlreich anwesende Publikum zeigte sich begeistert und spendete den vier jungen Improvisatoren minutenlangen Applaus. Der Abend war dabei auch eine Zeitreise in die so exotisch-andere, wilde Welt des frühen Kinos mit seinen oft absurden und fantastischen Sujets, wobei das Publikum in Zwischenmoderationen auch Einiges über Hintergründe und Machart der jeweiligen Filme erfuhr.
Weitere Orgel-Vortragsabende im Studienjahr 2022/23 waren zum Beispiel ein adventlicher Vortragsabend für Orgelimprovisation am 17. Dezember 2022 in der Ludwigskirche Freiburg oder ein Vortragsabend für Orgel am 17. Mai 2023 im Konzertsaal der Hochschule für Musik, bei dem Werke aus verschiedenen Epochen zum Vortrag kamen.
Weiterhin zu nennen sind hier die Master-Orgel- und Master-Orgelimprovisations-Abschlussprüfungen, die nach den Coroanaeinschränkungen der Vorjahre nun im Studienjahr 2022/23 wieder als Öffentliche Vortragsabende mit einem breiten Publikum und auch in Kirchen der Stadt stattfinden konnten. Dankbar sind wir für die Kooperation mit der Kirche St. Martin Freiburg, an deren neuer Klais-&-Thomas-Orgel (2020) im Studienjahr 2022/23 mehrere Master-Abschlüsse als öffentliche Konzerte stattfanden: Die Master-Orgelimprovisationsabschlussprüfungen von Julian Beutmiller (Februar 2023) und Niklas Jahn (Juni 2023) sowie die Master-Orgel-Abschlussprüfung von Risa Toho (Juni 2023), allesamt mit großer Publikumsresonanz in dieser zentral gelegenen Innenstadtkirche Freiburgs.
Im eigentlichen Sinne keine Veranstaltung der Hochschule für Musik Freiburg, indes aber doch eine öffentliche Präsentation des noch jungen Masterstudiengangs Orgelimprovisation (eingeführt an der Hochschule für Musik Freiburg im Jahr 2017) sowie der Orgelausbildung an der Hochschule für Musik Freiburg allgemein war ein Konzert der Reihe »Mit Bach durch die Regio« am 21. Mai 2023 in der Kirche St. Martin Freiburg, das unter dem Motto »Next Generation« stand. Hierbei spielten die drei Master-Kirchenmusik- und Master-Orgelimprovisationsstudenten Niklas Jahn, David Kiefer und Vincent Knüppe jeweils Orgelwerke Johann Sebastian Bachs sowie Orgelimprovisationen. Die Organisatoren der Konzertreihe, Bezirkskantorin Karin Karle und Bezirkskantor Johannes Götz, hatten dafür den Spielern vorab fantasiervolle Improvisationsthemen gestellt: »Mendelssohn macht einen Kniefall vor Bach«, »Ravel unternimmt eine Wallfahrt zur Gottesmutter« und »Anrufungen an den heiligen Geist - Messiaen« lauteten diese, jeweils verbunden mit weiteren Vorgaben bezüglich zu verwendender Motive bzw. Choräle.
Es war hochspannend für das Publikum zu erleben, was die jungen Improvisatoren aus diesen poetischen Ideen für Klänge entstehen ließen. Das Konzert hinterließ beim Publikum einen lebendigen Eindruck des künstlerischen Niveaus der Orgelausbildung an der Hochschule für Musik Freiburg, und es wurde von Johannes Adam in der Badische Zeitung in einer sehr positiven Rezension besprochen.
Am 22. April 2023 fand im Rahmen einer vollbesetzten Vorabendmesse in der Liebfrauenkirche Freiburg-Günterstal die Abschlussprüfung im Fach Liturgisches Orgelspiel/Improvisation von Niklas Jahn (Master Kirchenmusik) statt. Erwähnenswert ist dies aus zweierlei Gründen: Zum einen, weil das Format der Abschlussprüfung im Fach »Liturgisches Orgelspiel/Improvisation« bei Master Kirchenmusik in einem öffentlichen Gottesdienst in Freiburg noch recht jung ist, zum anderen, weil dieses Format zum ersten Mal in der Liebfrauenkirche Günterstal und hier in einem sehr feierlichen Rahmen stattfand. Den Gottesdienst hielt Pfarrer Werner Kohler. Zahlreiche Gottesdienstbesucherinnen und Besucher aus ganz Freiburg sowie Studierende und Lehrende des Instituts für Kirchenmusik an der Hochschule Freiburg und von anderen Musikhochschulen wohnten der Prüfung bei. Liturgie, Improvisation und Kirchenraum gingen an diesem Abend eine besondere Einheit ein, das Gottesdienstgeschehen brachte die österliche Freude direkt in die Herzen der Besucherinnen und Besucher.
Wenige Wochen zuvor hatte bereits das Lecture-Recital von Niklas Jahn unter dem Motto »Die Kunst der Orgelimprovisation« in der Liebfrauenkirche Günterstal stattgefunden, mit Improvisationen über Choräle, Text, Stummfilm und anderen Improvisationsthemen mit Bezug zur Passionszeit.
Zwei sehr wesentliche Verbesserungen der Übesituation für die Orgelstudierenden an der Hochschule für Musik Freiburg gab es im Sommersemester 2023:
Zum einen den Ankauf einer Jürgen-Ahrend-Orgel für den Orgel-Überaum 0100, den die Orgelabteilung im Gegenzug für den Wegfall des Orgelraums 364 und der dortigen ehemaligen Vier-Orgel erhielt.
Dadurch verbesserte sich die Übesituation dahingehend, dass Orgelraum 364 bisher zwischen Organisten und Bläsern geteilt werden musste, was zu vielen zeitlichen Einschränkungen führte, Orgelraum 0100 indes aber künftig durchgehend (und aufgrund seiner Lage im Übekeller sogar nachts) zum Üben genutzt werden kann.
Aufgrund der räumlichen Gegebenheiten in 0100 war ein Instrument von geringer Höhe und nur mit angehängtem Pedal nötig, welches die Orgelprofessoren Matthias Maierhofer und David Franke nach einiger Recherche in einer zum Kauf stehenden Ahrend-Orgel von 1973/74 aus einem Privathaus in Duderstadt/Eichsfeld fanden. Die Orgel wurde nach Begutachtung von der Hochschule für Musik Freiburg angekauft und im April 2023 nach Freiburg verbracht und in der Hochschule aufgestellt.
Das Instrument aus Eichenholz verfügt über acht Register und Holztasten. Die Orgel ist so kompakt gebaut, dass sie auch in niedrige Räume passt. Die Disposition im Stil des Frühbarock weist neben vielfältigen Labialstimmen auch ein Zungenregister, das Holzregal 8‘, auf. Das Register »Zimbel« ist in seinem Klangaufbau demjenigen der »Zimbel« in der berühmten Compenius-Orgel (1605-1610) im Schloss Frederiksborg/Dänemark nachempfunden. Die Orgel eignet sich besonders für die Darstellung Alter Musik (Sweelinck, Praetorius, Scheidemann u.a.), ist aber aufgrund ihrer modifiziert mitteltönigen Stimmung auch für einige weitere Epochen geeignet. Auf ihrer sensiblen Traktur lassen sich z.B. technisch besonders präzise etwa die Triosonaten Bachs oder filigrane Sätzen aus Mendelssohns Orgelsonaten üben.
Eine weitere wesentliche Verbesserung der Orgelübesituation in der Hochschule war zum anderen die Einführung von Nachtübezeiten im Konzertsaal ab Mitte des Sommersemesters 2023.
Auf Initiative des Rektorats und durch wesentliche Maßnahmen seitens des Technischen Dienstes, besonders seines Leiters Christoph Burger, sowie seitens des Kanzlers Dr. Dominik Skala und der Kollegen der IT-Abteilung konnte ein gesonderter Nachtzugang für Orgelstudierende in den Konzertsaal geschaffen werden, der unter Beachtung eines Sicherheits-Regulariums das Orgel-Üben während der Nacht-Schließzeiten der Hochschule an der Konzertsaalorgel ermöglicht.
Die Orgelstudierenden und Lehrenden sind sehr dankbar für diese Möglichkeit, die die angespannte Übesituation an der Hochschule für Musik Freiburg sehr entlastet und besonders für das ausgiebigere Üben für Abschlussprüfungen oder Vortragsabende an der Konzertsaalorgel eine wichtige Möglichkeit darstellt.
Im Studienjahr 2022/23 gab es zahlreiche Preise, Stipendienvergaben und erfolgreiche Stellenbesetzungen von Studierenden und Absolvent/innen des Instituts für Kirchenmusik.
Besonders erwähnenswert ist der Gewinn gleich zweier der weltweit wichtigsten Preise in gleich beiden künstlerischen Hauptdisziplinen des Orgelspiels, der Improvisation und Interpretation, durch Niklas Jahn (Absolvent dreier Masterstudien im Sommersemester 2023 und ab Wintersemester 2023/24 erster Student des neu eingerichteten Konzertexamens-Studiums Orgel-Improvisation in Kombination mit dem Konzertexamen-Studium Orgel-Interpretation):
Im Juli 2023 gewann er den 1. Preis beim Internationalen Orgelimprovisationswettbewerb St. Albans/UK, im September 2023 gewann er dann den 1. Preis beim Internationalen Orgelwettbewerb »International Organ Competition Musashino-Tokyo«. Beide Wettbewerbe zählen zu den renommiertesten im Bereich Orgel weltweit, ein Gewinn dieser Wettbewerbe bedeutet den sofortigen Einstieg in eine internationale Konzertkarriere, verbunden mit weltweiten Konzerttourneen und CD-Produktionen. Doch dies ist nicht alles: Risa Toho (Absolventin des Masters Orgel an der Hochschule für Musik Freiburg) gewann beim »International Organ Competition Musashino-Tokyo« den zweiten Preis sowie den Publikumspreis - die wichtigsten Preise dieses renommierten Wettbewerbs gingen an Absolventen/innen aus Freiburg!
Auch der 1. Preis, den David Kiefer (Student im Master Kirchenmusik und Master Orgelimprovisation) im November 2022 beim von der Stadt Straßburg ausgelobten »Prix international d'orgue Boëllmann-Gigout« gewann, verdient hier Erwähnung, wie auch der Sonderpreis für Niklas Jahn (Student im Master Kirchenmusik, Master Orgelimprovisation und Master Chorleitung) beim »Internationalen Rheinberger Wettbewerb für Orgel« im Oktober 2022 in Vaduz (Liechtenstein), der 3. Preis beim »Felix Mendelssohn Bartholdy Hochschulwettbewerb« in Berlin für Risa Toho (Studentin im Master Orgel), der 2. Preis für Georg Schäfer (Vorstudent der »Freiburger Akademie zur Begabtenförderung«) beim »London Organ Competition« im Januar 2023, der 3. Preis für Julian Beutmiller (Absolvent des Masters Orgelimprovisation) beim »Internationalen Wettbewerb für Orgelimprovisation Schwäbisch Gmünd« im Juli 2023, der 1. Preis für Tomoyo Inoue (Studentin im Master Kirchenmusik) beim »Maria Hofer Wettbewerb« in Kitzbühel im Juli 2023 und der 2. Preis beim selben Wettbewerb für Eunsu Kim (Studentin im Master Orgel).
Unter den Stellenberufungen von Freiburger Absolventen/innen ragen im Studienjahr 2022/23 Julian Beutmillers Berufung zum Domkantor in Würzburg (September 2023), Leon Tscholls Berufung zum ersten Organisten der »Högalidskirche« in Stockholm (Schweden), einer der Stockholmer Hauptkirchen, sowie die Berufung von Kumi Choi als Orgeldozentin zum Wintersemester 2022/2023 an die »Korea National University of Arts« in Seoul heraus. Unter den Stipendien sind die Aufnahme Johanns Opfermanns (Student im Bachelor Kirchenmusik und Bachelor Dirigieren/Chorleitung) als Stipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes (September 2022), das Helene-Rosenberg-Stipendium für Niklas Jahn (Oktober 2022) sowie ein Stipendium der Bachwoche Ansbach (April 2023) für Vincent Knüppe (Student im Master Kirchenmusik und Master Orgelimprovisation) zu erwähnen.
Alle Meldungen finden sich unter:
https://www.mh-freiburg.de/institut-fuer-kirchenmusik/institut/erfolge-und-meldungen.html
Prof. David Franke, Leiter des Instituts für Kirchenmusik an der Hochschule für Musik Freiburg
Orgelregion Österreich
Etwa 15 Studierende des Instituts für Kirchenmusik sowie weiterer Orgelstudiengänge an der Musikhochschule Freiburg waren vom 3. bis 10. Oktober 2023 eine gute Woche lang in Österreich unterwegs, um vor allem süddeutsch-österreichische Orgelmusik an den »originalen“ Instrumenten zu studieren. Als Dozierenden waren die Professoren David Franke (Institutsleiter), Matthias Maierhofer (Domorganist Freiburg) und Meinrad Walter (Musikwissenschaft/Theologie) mit dabei. Eine ähnlich aufwändige Reise hatte es vor fünf Jahren gegeben, als Leipzig und Umgebung mit protestantischen Akzenten das Ziel war. Bei dieser Reise gab es nun viele eher katholische Schwerpunkte. Die Quartiere waren 2023 jeweils in sehr gut geführten Jugendgästehäusern, der Busfahrer war überaus zuverlässig und zuvorkommend.
Die gut einwöchige Orgelfahrt führte an kleine und große Orte, überall jedoch zu bedeutenden Instrumenten, die für die Interpretation der Musik von Hofhaimer, Muffat, Kerll, Mozart, Bruckner, Brahms, David, Heiller, Kropfreiter, Schlee wesentlich sind. Ebenso im Programm enthalten waren musikwissenschaftliche, theologische und liturgische Akzente: Besuch im Archiv der Erzdiözese Salzburg (Mozartautographe) und in der größten Stiftsbibliothek der Welt in Admont sowie in der Stiftsbibliothek St. Florian (Brucknerautographe). Die Mitfeier eines Hochamtes im Stephansdom (Wiener Dommusik) war ebenso im dicht »getakteten« Programm enthalten wie die Gestaltung zweier Kurzkonzerte an den Orgeln im Salzburger Dom (Mittagsmusik) und in der Minoritenkirche Bruck an der Mur (abendliche Andacht).
Orgeln in Österreich: Besichtigen, Spielen, Konzertieren
Hier nochmals die Orte: Salzburger Dom, Mozarteum Salzburg, Leoben Göss, Bruck an der Mur, Kunstuniversität Graz, Herz Jesu Graz, Dom Graz, St. Veit im Vogau, Pöllau, Pöllauberg, Wien St. Stephan, Wien Votiv- und Michaeler Kirche, Wien Franziskaner Kirche, gotische Orgel Pulgarn, Stift St. Florian (Brucknerorgel).
Dank vieler intensiver Vorbereitungsarbeiten von Prof. David Franke und bester persönlicher Kontakte von Prof. Matthias Maierhofer in die österreichische »Orgelszene« wurde die Freiburger Gruppe überall geradezu herzlich aufgenommen, am Salzburger Dom vom Domorganisten Dr. Philipp Pelster ebenso wie im an der Musikuniversität Mozarteum von Prof. Hannfried Lucke. Auch Musikwissenschaft und Theologie kamen nicht zu kurz. Die Zeit im Bus wurde auch für historisch-theologische Kurzeinführungen (Meinrad Walter) genutzt: zu Besonderheiten der Kirchenmusik Mozarts in Salzburg, zu den Besonderheiten eines katholischen Hochamts mit Orchestermesse im Stephansdom Wien (für die katholischen wie für die protestantischen Studierenden wichtig), auf dem Weg nach St. Florian zum bevorstehenden Bruckner-Jahr und seinen theologisch-musikwissenschaftlichen Schwerpunkten.
In Graz gaben die Professoren Ulrich Walther und Gunter Rost eine Führung in der Orgelabteilung der Kunstuniversität, die sich insbesondere der Forschung mit innovativen Instrumenten widmet. Anschließend konnte im Dom der Aufbau einer neuen Orgel durch die Firma Rieger besichtigt werden, was Domorganist Christian Iwan freundlicherweise ermöglicht hat. Neben den kostbaren Instrumenten ging es in vielen Gesprächen auch immer wieder um Berufsbilder und um die beruflichen Zukunftschancen der heute Studierenden. Deutschland scheint hier, was die Möglichkeiten angeht, insgesamt besser aufgestellt zu sein als Österreich, wo es neben wenigen hauptamtlichen Vollzeitstellen sehr viele individuelle Berufsmenüs (Kirche und Hochschule, Anstellung und freiberufliche Ergänzung usw.) gibt, die auch bei uns bisweilen zukunftsfähig sein können.
In Wien war dann das Hochamt im Stephansdom mit Mozarts großer »Credo-Messe« unter der Leitung von Domkapellmeister Markus Landerer und mit Ernst Wally an den Orgeln der liturgische Höhepunkt der Reise. Hier konnte somit das musikalisch-gottesdienstliche Vorbild für »Vorderösterreich« im Original erlebt werden. In der Votivkirche mit großer Walcker-Orgel nahm sich Organist Craig Humber viel Zeit für die Freiburger Studierenden. Abends stelle Domorganist Konstantin Reymeier die inzwischen fertiggestellte Domorgel von 22 Uhr bis Mitternacht vor! Zahlreiche Stücke und Improvisationen konnten von den Studierenden erprobt werden. Und hier waren auch einige Freiburger Studierende der Theologie (teilweise frühere Absolventen der kirchenmusikalischen C-Ausbildung) mit dabei, die sich in Wien aufhielten oder dort ihre Auslandssemester studieren – ganz im Sinne einer interdisziplinären pastoral-musikalischen Berufsvorbereitung.
Auf dem Weg nach St. Florian setzte die gotische Orgel in Pulgarn mit funktionsfähigem Blasebalg einen besonderen Akzent. Zum Abschluss konnten im Stift St. Florian die große Bruckner-Orgel bespielt und das Stift mit originalen Bruckner-Dokumenten (Jubiläumsjahr 2024) besichtigt werden. Nach einer ersten Bruckner-»Einstimmung« mit Kurzvortrag im Bus zeigte Stiftsorganist Klaus Sonnleitner die Schätze: neben der großen Orgel und dem Sarkophag in der Gruft auch den frisch restaurierten Bruckner-Flügel (Bösendorfer) und das zweimanualige Harmonium des Meisters im heutigen Büro des Musikdirektors.
Nach acht intensiven Tagen ging eine ereignisreiche Studienfahrt zu Ende, die einen hohen organisatorischen und persönlichen Aufwand bei Lehrenden und Studierenden erfordert hat, zugleich aber auch für die Qualität und Attraktivität der Freiburger Orgelausbildung überaus wichtig war. Nachbesprechungen einzelner Aspekte gab und gibt es im Einzelunterricht und in den Orgel-Klassenstunden ebenso wie in der »Ökumenischen Stunde« (Liturgik/Theologie).
Prof. Dr. Meinrad Walter (Stellvertretender Leiter des Instituts für Kirchenmusik an der Hochschule für Musik Freiburg)