Forschung oder Fälschung? Gesprächskonzert mit Wolfgang Beltracchi

Wolfgang Beltracchi arbeitet in seinem Atelier an einer Skulptur

Am 23. September 2023 findet an der Hochschule für Musik Freiburg ein Gesprächskonzert mit dem berühmten Maler und ehemaligen Kunstfälscher Wolfgang Beltracchi statt. Unter dem Titel „Kunst und Komposition zwischen Forschung und Fälschung“ gibt es Gespräche und Musik: Wolfgang Beltracchi, Johannes Menke, Johannes Schöllhorn und Philipp Teriete (Moderation) sprechen über Handwerk, Fälschung, und Forschung in Kunst und Musik. Dazu werden echte und gefälschte Werke sowie Improvisationen in verschiedenen Stilen von der Renaissance bis zum Jazz aufgeführt.

Das Gesprächskonzert setzt sich in Diskussionen und Musikbeiträgen mit Fragen rund um die Themen Original und Kopie, Handwerk, Technik, Forschung sowie Copyright und Plagiat auseinander. Dazu unterhalten sich Johannes Menke, Musiktheoretiker und Professor für historische Satzlehre an der Basler „Schola Cantorum Basiliensis“, Johannes Schöllhorn, Professor für Komposition und Leiter des Instituts für Neue Musik an der Hochschule für Musik Freiburg, und Wolfgang Beltracchi. Der 1951 geborene Maler und einstige Wahl-Freiburger Wolfgang Beltracchi wurde 2011 in einem der größten Kunstfälschungs-Prozesse seit dem Zweiten Weltkrieg wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs zu sechs Jahren Haft verurteilt. Er hatte über Jahrzehnte hinweg geschätzt zwischen 150 und 200 Gemälde im Stil berühmter Maler wie zum Beispiel Max Ernst, Max Pechstein, Fernand Léger und Heinrich Campendonk gefälscht und damit auf dem Kunstmarkt schätzungsweise zwischen 16 und 50 Millionen Euro verdient.

An dem Abend gehe es jedoch nicht um diesen Kriminalfall, erklären die Organisatoren des Gesprächskonzerts, Dr. Hans Aerts, Professor für Musiktheorie und Prorektor für Studium und Lehrentwicklung an der Hochschule für Musik Freiburg und Philipp Teriete, Professor für Musiktheorie mit dem Schwerpunkt Jazz/Pop/Arrangement, der den Abend moderieren wird: „Wir setzen uns mit den Themen Handwerk, Technik und künstlerische Forschung auseinander, und dafür ist Wolfgang Beltracchi ein spannender Gesprächspartner. Denn für seine Fälschungen musste er über viele Jahre hinweg künstlerische Forschung betreiben, er musste die Materialien und das Metier seiner jeweiligen Vorbilder perfekt beherrschen, ansonsten wäre er viel früher aufgeflogen.“

Musikalische Beiträge: Fälschungen, Interpretationen, Improvisationen

Auch musikalisch setzt sich der Abend mit den Themen Original, Interpretation und Fälschung auseinander. Jean-Christophe Dijoux, Professor für Cembalo und Fortepiano an der Hochschule für Musik Freiburg, spielt auf dem Hammerflügel. Sänger der „Schola Cantorum Basiliensis“ führen Renaissance-Motetten auf und Alfonso Gómez, Professor für Klavier an der Hochschule für Musik Freiburg, spielt Werke für Klavier von Pierre Boulez und Johannes Schöllhorn. Zudem improvisiert Helmut Lörscher, Professor für Improvisation und Angewandtes Klavierspiel an der Hochschule für Musik Freiburg, in verschiedenen Stilen.

Das Gesprächskonzert ist Teil des 23. Jahreskongresses der „Gesellschaft für Musiktheorie“ (GMTH), der zwischen dem 22. und 24. September an der Hochschule für Musik Freiburg stattfindet und sich dem Thema „Musiktheorie und Künstlerische Forschung“ widmet.


Das Konzert

Samstag, 23. September 2023, 20 Uhr
Kunst und Komposition zwischen Forschung und Fälschung
Hochschule für Musik Freiburg
Wolfgang-Hoffmann-Saal

Mitwirkende
Gespräch:
Wolfgang Beltracchi, Johannes Menke und Johannes Schöllhorn
Philipp Teriete → Moderation

Musik:
Sänger der Schola Cantorum Basiliensis
Jean-Christophe Dijoux → Pianoforte
Alfonso Gómez → Klavier
Helmut Lörscher → Klavier

Eintritt: 8 Euro, ermäßigt 4 Euro, 5 Euro für Mitglieder der Fördergesellschaft der Hochschule für Musik Freiburg
Zum Karten-Vorverkauf bei Reservix
 

Jahreskongress der GMTH

Beginn am Freitag, 22. September 2023, 9 Uhr
Musiktheorie und Künstlerische Forschung
23. Jahreskongress der Gesellschaft für Musiktheorie (GMTH)
Hochschule für Musik Freiburg

„Artistic Research“ oder „Künstlerische Forschung“ hat sich seit bald 30 Jahren international sowohl als wissenschaftlicher Diskurs als auch als eine vielfältige Praxisform in verschiedenen Künsten und kunstbezogenen Wissenschaften etabliert. Das Verhältnis von Kunst und Wissenschaft und die jeweiligen Forschungsbegriffe, Methodologien sowie Produktions- und Verbreitungsformen von Wissen werden dadurch zunehmend neu befragt und eingeordnet.

Damit einher geht eine sehr dynamische hochschulpolitische Entwicklung, die Künstlerische Forschung aktuell auch an deutschsprachigen Kunst- und Musikhochschulen beziehungsweise Kunstuniversitäten verstärkt zu implementieren sucht und unter anderem zu einer lebendigen Diskussion über entsprechend angepasste Abschlussgrade und strukturierte Programme in der postgradualen Qualifikationsphase führt, wie etwa die Empfehlungen des Wissenschaftsrats von 2021 zeigen.

Was aber macht musikbezogene Künstlerische Forschung im Unterschied zu einer „rein“ künstlerischen Musikpraxis und zur „traditionellen“ wissenschaftlichen Musikforschung genau aus, und in welchem Verhältnis steht sie zur Musiktheorie?

Foto: Alberto Venzago