Wir trauern um Prof. Peter Baberkoff
Prof. Peter Baberkoff
* 10. Oktober 1929
† 21. Oktober 2025
Mit großer Dankbarkeit und tiefer Anteilnahme nimmt die Hochschule für Musik Freiburg Abschied von Prof. Peter Baberkoff, der am 21. Oktober 2025 im Alter von 96 Jahren verstorben ist.
Peter Baberkoff wurde 1929 in der bulgarisch-rumänischen Grenzstadt Russe geboren. Er studierte von 1947 bis 1953 Violine und Komposition am Bulgarischen Staatskonservatorium in Sofia. Nach seinem Studium war er als Geiger im Staatsopernorchester in Sofia tätig. 1955 wechselte er in gleicher Position an die staatliche Operette in Prag, auch um an der Prager Akademie der musischen Künste sein Kompositionsstudium bei Václav Dobiáš fortzusetzen. 1957, im Alter von 28 Jahren, floh er nach Österreich, in jenes Land, dessen Staatsbürgerschaft er später annahm. Im selben Jahr wurde er auch Mitglied der Philharmonica Hungarica, des berühmten Ensembles, das von Musikerinnen und Musikern, die im Zuge der gewaltsamen Niederschlagung des ungarischen Volksaufstands ihr Heimatland verlassen haben beziehungsweise verlassen mussten, in Baden bei Wien gegründet worden war. Das Orchester siedelte später als staatlich gefördertes Berufsorchester ins nordrhein-westfälische Marl über. Baberkoff blieb diesem Orchester – mit zahlreichen Unterbrechungen – bis 1971 professionell (und emotional) verbunden. Seinen ungarischen Kolleginnen und Kollegen fühlte er sich aufgrund des geteilten Schicksals als politische Flüchtlinge sehr verbunden, litt aber auch darunter, wie er mir einmal erzählte, dass das Schicksal anderer Opfer der Diktaturen hinter dem Eisernen Vorhang – etwa der bulgarischen Musikerinnen und Musiker – im Vergleich aus dem Blickfeld geraten war. Parallel zu seiner Orchestertätigkeit studierte er ab 1957 an der damaligen Hochschule für Musik und darstellende Kunst Wien Komposition bei Karl Schiske sowie Orchesterleitung in der damals wohl berühmtesten Dirigierklasse der Welt bei Hans Swarowsky. Er schloss sein Studium 1961 mit dem Diplom ab.
1963 wechselte Baberkoff als Geiger an das Westfälischen Sinfonieorchester Recklinghausen, bevor er 1966 nun als Geiger mit Dirigierverpflichtung ein letztes Mal an die Philharmonica Hungarica zurückkehrte. In diesen Jahren vollzog sich auch der endgültige Wechsel von der Geige auf die Bratsche: Von 1971 bis1972 war er Solobratscher der Hamburger Sinfoniker, von 1972 bis 1987 in gleicher Position bei den Essener Symphonikern tätig. Während seiner Zeit als Orchestermusiker arbeitete er mit vielen namhaften Dirigenten sowie Solisten und Solistinnen in den wichtigsten Musikzentren der Welt, von Berlin über London, Paris, Rom, Amsterdam bis New York zusammen, unter anderem mit Rafael Kubelik, Antal Dorati, Karl Böhm, Josef Krips, Svjatoslav Richter, Mstislav Rostropowitsch, Paul Tortelier, Yehudi Menuhin und David Oistrach. Peter Baberkoff war darüber hinaus Begründer und Dirigent des Rheinischen Kammerorchesters, des Rheinischen Solistenensembles und des Neuen Stockholmer Kammerorchesters und leitete 38 Jahre lang das Studio-Orchester Duisburg.
1987 wurde er als Nachfolger von Francis Travis Professor für Dirigieren in Freiburg und leitete bis 1997 das Orchester der Hochschule. Auf seine Initiative hin wurde das Dirigentenpodium Baden-Württemberg eingerichtet, welches dem Dirigiernachwuchs der fünf Hochschulen für Musik des Landes die Möglichkeit geboten hat, mit professionellen Orchestern zu proben und Aufführungen zu dirigieren. Nach seiner Emeritierung widmete er sich verstärkt seinem kompositorischen Schaffen und war weiterhin als Gastdirigent tätig.
Peter Baberkoff war ein wunderbarer Musiker; in seinen Kompositionen blieb er, soweit ich das von den wenigen Eindrücken, die ich gewinnen konnte, beurteilen kann, sehr den materiellen und ästhetischen Vorstellungen seiner Kompositionslehrer Václav Dobiáš und Karl Schiske verpflichtet. Seiner Hochschule blieb er immer in Zuneigung verbunden und war an ihr bis zu den Zeiten der Coronapandemie auch immer wieder präsent. Peter Baberkoff war, unserem ebenfalls kürzlich verstorbenen Kollege Tibor Szász vergleichbar, von jenem spannungsreichen multikulturellen, multisprachlichen, multireligiösen und multinationalen Mit- und Nebeneinander seiner Drobudschanischen Heimat ein Leben lang geprägt: Die Erfahrung von Diktatur und Flucht hat ihn nie losgelassen.
Peter Baberkoff war ein leidenschaftlicher Lehrer und ein geschätzter Kollege. Die Hochschule für Musik Freiburg wird ihn in ehrendem Andenken bewahren.
Prof. Dr. Ludwig Holtmeier
Rektor