Poldowski

Poldowski

»Poldowski«: Naturtalent, Komponistin, Kosmopolitin

Sie war ein Naturtalent und ein Phantom: Régine Wieniawski (1879 bis 1932), die sich »Poldowski« nannte, lebte in verschiedenen Ländern, komponierte unter verschiedenen, teils erfundenen Namen, und schlug sich in Zeiten der Not sogar als Modedesignerin durch. Bekannt wurde sie vor allem durch ihre Vertonungen von Gedichten Paul Verlaines. Studierende der Hochschule für Musik Freiburg führen am 30. Juni 2023 Lieder und Werke für Geige und Klavier von Poldowski auf. Das Konzert ist ein Mosaik, so wie ihr Leben.

Sie nannte sich Poldowski, Régine Wieniawski, Irène Wieniawska, Lady Dean Paul oder Lady Irene Poldowski Paul. Die Tochter des polnischen Geigen-Virtuosen Henryk Wieniawski und der Britin Isabelle Hampton Wieniawski wurde in Brüssel geboren, lebte später in London, Paris und den USA. Sie war ein Naturtalent, das schon früh eigene Lieder komponierte, obwohl sie als Kind keine musikalische Ausbildung genossen hatte – auch wenn sie später erzählte, am Brüsseler Konservatorium gelernt zu haben. Bestens vernetzt in der Musik- und Kulturszene ihrer Zeit heiratete sie den britischen Adligen Sir Aubrey Edward Henry Dean Paul, nahm Unterricht in Paris und London, bekam drei Kinder und ließ sich später scheiden. Eine wandlungsfähige, mutige, hochbegabte Frau. So sei auch ihre Musik, sagt Dr. Natasha Loges, Professorin für Musikwissenschaft an der Hochschule für Musik Freiburg: »Sie hat unverwechselbare Lieder komponiert: wunderbar leicht auf der Stimme und auf dem Klavier, wie ein Windhauch, der gleich wieder weg ist, einen aber trotzdem tief berührt.«

»Sehr gutes Verständnis für Stimme, wunderschöne Melodien«

Bekannt wurde Poldowski durch raffinierte, luxuriöse Kompositionen für die reiche Oberschicht Europas in einer Zeit, die von Umbruch, Weltkrieg und Wirtschaftskrisen geprägt war. Bei dem Konzert an der Hochschule für Musik Freiburg führen Studierende Poldowski-Vertonungen von Gedichten des bekannten französischen Lyrikers Paul Verlaine auf sowie Stücke für Geige und Klavier. Wie das klingt? »Ihre Musik wird oft verglichen mit der von Claude Debussy oder Gabriel Fauré. Aber in nur wenigen Takten macht sie etwas, das weder Debussy noch Fauré machen. Sie war originell und hatte ein sehr gutes Verständnis für die Stimme, ihre Melodien sind wunderschön zu singen«, erklärt Natasha Loges, die den Konzertabend gemeinsam mit Prof. Regina Kabis-Elsner organisiert hat. Neben Musik werden dabei einige Gedichte von Paul Verlaine vorgetragen und kurz über Poldowskis Leben berichtet.

Schicksalsschläge, musikalischer Erfolg, berühmte Unterstützer

Régine Wieniawski wurde 1879 in Brüssel geboren, kurz später starb ihr Vater Henryk. Ihre ersten eigenen Kompositionen führte sie mit 14 in Brüssel auf. 1896 zog sie mit ihrer Mutter nach London. »Das war eine Glanzzeit, in der sie viele ihrer Lieder komponiert hat. Danach folgten familiäre Dramen und Schicksalsschläge«, berichtet Natasha Loges. 1901 heiratete sie Sir Aubrey Edward Henry Dean Paul, ihr erstes Kind starb mit zwei Jahren. Ihre Ehe ging in die Brüche, 1921 ließ sie sich scheiden. Gleichzeitig bewegte sie sich dank ihres Netzwerks in Oberschicht-Kreisen und wurde immer bekannter. Der einflussreiche englische Tenor Gervase Elwes unterstützte sie, sie trat vor der belgischen Königin und im spanischen Königshaus auf und arbeitet mit Berühmtheiten zusammen, etwa mit den Komponisten Peter Warlock und George Gershwin, dem Pianisten Arthur Rubinstein oder dem Geiger Jacques Thibaud. Zudem war sie als Modedesignerin tätig und lebte einige Jahre in den USA.

Für eine Frau ihrer Zeit lebte Poldowski ein gänzlich unkonventionelles Leben – und das ohne institutionelle Unterstützung, denn sie war nie an einem Konservatorium angestellt. »Sie hatte oft Geldprobleme, sie schwebte wie ein Luftballon durch ihr Leben«, sagt Natasha Loges. »Aber sie war äußerst anpassungs- und widerstandsfähig, auch in schweren Zeiten. Aus einer musikwissenschaftlichen Perspektive arbeitet man sich an ihr ab wie Sherlock Holmes. Manchmal denkt man, sie verstanden zu haben, aber zehn Jahre später ist sie schon wieder jemand ganz anderes.«

 

»Poldowski« (1879 bis 1932), geboren als Régine Wieniawski, später Lady Dean Paul, war die Tochter des großen polnischen Geigenvirtuosen und Komponisten Henryk Wieniawski. Trotz eines turbulenten Lebens wurde sie eine erfolgreiche Komponistin.

Unser Konzert verbindet ihre hochgepriesenen Lieder und Kompositionen für Geige mit Gedichten von Paul Verlaine, dessen Lyrik sie liebte und häufig vertonte.

Mitwirkende

Sara De Franco, Ayako Imoto, Verena Seyboldt (Gesangsklassen Prof. Katharina Kutsch, Prof. Matthias Alteheld, Prof. Regina Kabis-Elsner) → Sopran
Hyunjung Kim → Klavier
Prof. Julia Schröder, Joachim Kist → Korrepetition
Prof. Dr. Natasha Loges → Moderation

Programm

Werke von Poldowski (Régine Wieniawska, Komponistin), Paul Verlaine und Albert Samain (Dichter)